Einstellung der Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Straftäter
Ist eine Strafanzeige gestellt, muss das nicht notwendigerweise bedeuten, dass die Ermittlungen gegen den potentiellen Straftäter begonnen werden und Klage gegen ihn erhoben wird. Die Staatsanwaltschaft kann es aus verschiedenen Gründen auch ablehnen, die Ermittlungen fortzuführen, d.h. die Ermittlungen einstellen. Zu den Gründen hierfür können beispielsweise zählen, dass nach Einschätzung des Staatsanwaltes keine Straftat vorliegt oder nachweisbar ist (§ 170 StPO), wegen geringer Schuld oder bereits anderweitiger erheblicher Verurteilungen (§§ 153 ff. StPO, Opportunitätsprinzip), sowie mangelndes öffentliches Interesse (§153 I StPO). Auf das "mangelnde öffentliche Interesse" soll im Folgenden besonders eingegangen werden.
Mangelndes öffentliches Interesse
Unter dem Begriff des "öffentlichen Interesses" ist nicht in eigentlichen Sinne der Wörter zu verstehen, dass die Straftat "in der öffentlich gebildeten Meinung interessant ist", sondern vielmehr die juristische Definition: wenn ein Absehen von der Verfolgung aus Gründen der General- oder Spezialprävention nicht geboten ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn außergewöhnliche Tatfolgen eingetreten sind (BGHSt. 10, 259, NJW 1957, 1117). Letztlich ist dies Auslegungssache des beurteilenden Staatsanwaltes.
Rechtsmittel gegen die Einstellung von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
Gegen das Einstellen der Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Straftäter kann der Anzeigende nach §46 III StPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einlegen. Eine sofortige Beschwerde richtet sich gegen diejenige Behörde, die einen Beschluss erlassen hat und ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, beginnend ab dem Tag des Zugangs des bzulehnenden Beschlusses, der zuständigen Beschwerdestelle zuzustellen. Als Datum des Zugangs gilt hierbei übrigens auch die Zustellung des Beschlusses an den bevollmächtigten Anwalt. Die Beschwerdestelle ist für eine sofortige Beschwerde gegen die Staatsanwaltschaft dann die
Oberstaatsanwaltschaft.
Klageerzwingungsverfahren
Lehnt die Oberstaatsanwaltschaft die Wiederaufnahme der Ermittlungen ebenfalls ab, so ist im nächsten Schritt an das Oberlandesgericht heranzutreten, welches für diesen Fall das Beschwerdegericht ist. Hier handelt es sich nun nicht mehr um eine sofortige Beschwerde. Anstelle dieses Rechtsmittels tritt das Klageerzwingungsverfahren nach §172 StPO. An den hier zu stellenden "Antrag auf gerichtliche Entscheidung" gelten besondere Vorschriften:
- Personen, die nicht postulationsfähig sind (d.h. in der Praxis üblicherweise: "keine in Deutschland zugelassenen Anwälte sind") können diesen Antrag nicht stellen.
- In Deutschland zugelassene Anwälte reichen solche Klagen üblicherweise schriftlich ein
- In Bundesländern, die das elektronische Verfahren EGVP (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungs-Postfach) bereits unterstützen, können solche Schriften auch elektronisch übermittelt und mittels qualifizierter Signatur signiert werden.
Auch an den Inhalt des Antrags auf gerichtliche Entscheidung werden ganz besondere Anforderungen gestellt:
- Alle Tatsachen, die die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, sowie zugehörige Beweismittel müssen angegeben werden
- Alle relevanten Fakten zur Tat und zum bisherigen Verfahren selbst müssen enthalten sei
- Auf den Akteninhalt darf nicht Bezug genommen werden
- Anwaltszwang: Der Antrag muss von einem Anwalt unterzeichnet sein
Deutsche Verfassungsgerichte
Wird dieser Antrag ebenfalls abgelehnt, verbleibt dem Beschwerdeführer der Gang zur nächsten Instanz, dem Bundesverfassungsgericht (für Berlin: Berliner Verfassungsgericht).
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
Sofern auch hier der Beschwerde keine Abhilfe verschafft wurde, ist als letztes Rechtsmittel im europäischen Rechtsgefüge die Individualbeschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) möglich. Diese Beschwerde kann nunmehr auch der
"einfache" Bürger führen, ein Anwaltszwang besteht hierbei nicht. Aufgrund der besonderen Vorschriften dieses Rechtsmittels ist jedoch das Hinzuziehen eines Anwaltes dringend anzuraten. Weiterhin setzt die Einbringung einer Individualbeschwerde unter anderem
voraus, dass
- eine Verletzung der Menschenrechte vorliegt
- auf diese Verletzung der Menschenrechte auch in früheren Instanzzügen deutlich Bezug genommen wurde
Natürlich ist auch bei diesen beiden "letzten" Instanzen auf Einhaltung der Fristen zu achten!
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